Die Regierung von Oberfranken startete im April 2017 ein fünfjähriges Forschungsprojekt zur Etablierung der Energiepflanze Durchwachsende Silphie (Silphium perfoliatum). Als Dauerkultur besitzt sie ein hohes Potential für den Gewässerschutz.
Im Auftrag der Regierung von Oberfranken prüfen wir zusammen mit Landwirten aus der Region unter Praxisbedingungen auf ca. 100 ha Ackerfläche, ob die Becherpflanze den hohen Erwartungen einer Alternative zum Mais als Biogassubstrat entsprechen kann.
Die Erfahrungen aus anderen Standorten, dass durch die Optimierung des Saatgutes eine direkte Saat möglich und somit eine Pflanzung vorkultivierter Jungpflanzen nicht mehr nötig ist, wurden bei uns bestätigt. Im ersten Jahr wird die Durchwachsende Silphie unter Mais als Deckfrucht gesäat. Der Mais wird im Herbst geerntet und bereits im zweiten Jahr erzielte die Durchwachsende Silphie Erträge.
Neben der Praxistauglichkeit werden insbesondere die Auswirkungen auf die Umwelt erforscht. Wenn sich bestätigt, dass kaum Nitrat unter der Becherpflanze ausgewaschen und der Boden durch die intensive Durchwurzelung weniger erosionsanfällig wird, führt dies zu einer positiven Ökobilanz.
Zu prüfen bleibt jedoch auch, inwieweit es Auswirkungen dieser neophytischen Pflanze auf unsere Ökosysteme gibt.
Ende April 2017 fand die Silphie-Aussaat unter der Deckfrucht Mais auf 56,8 ha statt. Mit einer Einzelkornsämaschine bei einem Reihenabstand von 37,5 cm von Silphie und Mais im Wechsel je Saatkasten ging die Saat zügig voran. Zuvor hatten die 26 beteiligten Landwirte ihre Flächen gut vorbereitet. Ein feinkrümeliges, ebenes, abgesetztes, rückverfestigtes und unkrautfreies Saatbett war vorbereitet. Somit konnte eine flache Saatgutablage realisiert werden.
Nach vier Wochen erfolgte die Kontrolle aller Flächen. Die Erfolge waren weitgehend mit gut bis sehr gut zu bewerten. Silphie und Mais sind gut angegangen, der Unkrautdruck war gering bis mäßig und in den Wochen nach der Aussaat spielte auch das Wetter mit Wärme und gleichmäßigen Niederschlägen gut mit.
Um der interessierten Bevölkerung das Projekt nahezubringen fand am 24.06.2017 unter Mitwirkung von Bürgermeisterin Simone Kirschner und einigen Gemeinderäten eine Besichtigungstour in der Gemeinde Heinersreuth per Fahrrad statt.
Die Teilnehmer erfuhren viel grundsätzliches zur Becherpflanze. Sie ist eine mehrjährige Staudenpflanze, die als Energie- oder Futterpflanze genutzt werden kann. Im Demonstrationsprojekt soll unter Praxisbedingungen getestet werden, ob sie eine Alternative zu Mais wäre. Insbesondere sollen das Saatverfahren zusammen mit Mais, die Durchsetzungskraft gegen Beikräuter und die Erntetechnik eingehend untersucht werden. Besonders in Wasserschutzgebieten ist die Becherpflanze interessant, da sie als Dauerkultur ein umfangreiches Wurzelwerk besitzt, so dass die Nitratauswaschung ins Grundwasser gegenüber Mais deutlich reduziert wird. Durch die starke Durchwurzelung des Bodens ist er weniger anfällig für Erosion, was eines der größten Probleme des Maisanbaus in Hanglagen darstellt. Sobald die Becherpflanze ab dem zweiten Jahr bereits im zeitigen Frühjahr austreibt, soll sie sich gut gegen Unkräuter durchsetzen, so dass dann kein chemischer Pflanzenschutz mehr nötig ist.
Die Teilnehmer interessierten sich sehr für die Anbautechniken. Auf einem Großteil der Flächen des Demonstrationsprojektes fand die Aussaat unter Mais statt. Bei diesem Verfahren wird im Wechsel eine Reihe Mais und eine Reihe Silphie gesät. Im ersten Jahr bildet die Silphie nur eine Blattrosette, erst im darauffolgenden Jahr bringt die Pflanze Ernteerträge. Die kombinierte Aussaat mit Mais im Ansaatjahr puffert so die Ertragseinbußen in diesem Jahr ab, die bei einer alleinigen Aussaat der Becherpflanze entstehen würden.
Durch ihre Blüte von Juli bis zur Ernte Anfang September bietet die Becherpflanze Bienen und anderen Insekten eine späte willkommene Nahrungsquelle. Da die Becherpflanze ursprünglich aus Nordamerika stammt, gilt es im Rahmen des Demonstrationsversuchs herauszufinden, ob sich die Pflanze eigenständig ausbreitet, wie intensiv sie von Insekten besucht wird, und ob sie von Wildtieren verbissen wird. Zu diesen ökologischen Fragen finden erste Untersuchungen statt. Da Frau Dr. Marianne Lauerer, die die projektbegleitende Forschung der Universität Bayreuth leitet, an der Exkursion teilnahm, konnten die Teilnehmer viele Informationen aus erster Hand mitnehmen.
Auch ökonomische Themen wurden umfassend diskutiert. Die Aussaat der mehrjährigen Staudenpflanze ist deutlich teurer als die von Mais. Zudem ist mit einem etwas geringeren Gasertrag zu rechnen. Dieser „Wettbewerbsnachteil“ gegenüber Mais gleicht sich in den Folgejahren aus, wenn keine weiteren Saatkosten entstehen sowie keine Bodenbearbeitung und auch keine Pflanzenschutzmaßnahmen mehr nötig sind.
Abschließend führte Herr Wilhelm Fischer die Teilnehmer über die Biogasanlage Rotmaintal und erklärte, wie aus Pflanzenmaterial Strom und Wärme entsteht. Er erläuterte, dass keineswegs nur Mais vergoren wird, sondern auch Gras- und Getreidepflanzensilage „verfüttert“ werden – und bald auch mehr Silphie. Sobald genügend Silage der Becherpflanze vorliegt, soll in der Anlage untersucht werden, welcher Gasertrag reiner „Silphie-Fütterungen“ in der Praxis zu erwarten ist.
Die Exkursion war für alle Beteiligten sehr aufschlussreich. Es ist geplant, Ende August wieder eine ähnliche öffentliche Führung zu Silphie-Standorten in der Region Bayreuth durchzuführen.
Saisonabschluss 2017
Oktober 2017: Die Saison ist vorrüber und der Mais ist geerntet. Meisten entsprechen die Maiserträgen den Erwartungen und Silphie ist auf den Feldern gut angegangen, so dass wir im nächsten Jahr voraussichtlich auch gute Silphieerträge erwarten dürfen.
Abbildung 3: Silphie nach der Maisernte
26. und 27.09.2017: Bayreuth – Auf der Tagung zu Biogas in der Landwirtschaft, veranstaltet von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) sowie dem Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) wird über das Demonstrationsprojekt Becherpflanze Oberfranken berichtet. Unsern Beitrag Demonstrationsprojekt Becherpflanze Oberfranken finden Sie hier.
Demonstrationsprojekt Becherpflanze Oberfranken geht ins zweite Jahr
Wie sieht es jetzt Anfang April auf den Feldern der letztjährigen Saat/Pflanzung aus? Die ersten Triebe sind bereits sichtbar und die Reihen lassen sich schon gut erkennen.
Die Befragung der teilnehmenden Landwirte ergab ein positives Gesamtbild. Die Hauptmotivationen sich an dem Demonstrationsprojekt Becherpflanze Oberfranken zu beteiligen waren die Tatsachen, dass keine jährlicher Saat stattfindet und Silphie als mögliche Alternative zu Mais angesehen wird. Der Naturschutzgedanke (z.B. Bienenweide) und die Möglichkeit zur arbeitswirtschaftlichen Extensivierung wurden ebenfalls als Grund zur Teilnahme oft genannt.
Sehr zufrieden waren sie mit der bisherigen Organisation und der Beratungsqualität, ebenso mit der Organisation und Durchführung der Saat bzw. der Pflanzung. Die Becherpflanzen entwickelten sich nach Einschätzung der Landwirte gut. Weniger zufrieden waren die Landwirte mit dem Maisertrag. Dies lag hauptsächlich an der Witterung während der ersten Wachstumsphase.
Im Jahr 2018 werden nochmals 35 ha Versuchsflächen neu aufgenommen. In diesem Jahr wird es Saat unter Deckfrucht Mais bzw. Reinsaat geben.
Trockenheit und Bodenerosion
Bisher ist das Frühjahr warm und trocken. Als die Becherpflanze
mit der Deckfrucht Mais Ende April gesät wurde war der Boden trocken, daher dauerte es verhältnismäßig lange, bis das Saatgut keimte. Aber jetzt, Mitte Juni, stehen die Kulturen des Versuchs so dar, dass bei der Bonitur 75% der Flächen ausreichend Becherpflanzen aufwiesen. Wir sind optimistisch, dass sie mit dem nächsten Regen auch auf den restlichen Flächen keimen wird.
Wie wichtig es ist eine Alternative zum Maisanbau, insbesondere auf Feldern mit einem Gefälle, zu erproben zeigte sich auch in diesem Frühjahr erneut. Auch wenn Maispflanzen eine Höhe von ca. 80cm erreichten ist der Boden erosionsanfälliger als beispielsweise eine Fläche mit Becherpflanzen.
Der Trockenheit folgten lokale heftige Gewitterschauer. Diese verursachten zum Teil heftige Erosion.
Silphiebeitrag im BR
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, ein Film bringt es noch besser auf den Punkt.
Wenn Sie eindrucksvolle Bilder über den Demonstrationsversuch Becherpflanze Oberfranken sehen wollen empfehlen wir Ihnen den Beitrag im BR in der Sendung „Unser Land“, ausgestrahlt am 27.07.2018. Link zum BR Video-Bericht
Ministerbesuch auf dem Silphiefeld
Am 26.07.2018 besuchten die Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber und der Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Marcel Huber das Demonstrationsprojekt Becherpflanze Oberfranken. Sie zeigten sich beeindruckt von der guten Zusammenarbeit der Projektbeteiligten.
von links nach rechts: Heidrun Piwernetz, Regierungspräsidentin der Regierung Oberfranken; Martin Schöffel, Landtagsabgeordneter; Gudrun Brendel-Fischer, Landtagsabgeordnete; Michaela Kaniber, Staatsministerin; Herr und Frau Murrmann; Dr. Marcel Huber, Staatsminister; Klaus Adelt, Landtagsabgeordneter
Auf dem Hof der Familie Murrmann stellten die Akteure des Projektes den bisherigen Verlauf und die Ergebnisse dar. Dr. Mändy Fritz vom Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ), berichtete über die Begleitforschung zur Becherpflanze und betonte die Argumente der Landwirtschaft für die Siphie. Franz Moder von OPUS stellte das Gefährdungspotential und die mögliche Invasivität dem Beitrag zur Biodiversität der Silphie gegenüber. Die Forschungsergebnisse der Universität Bayreuth wurden von Prof. Johanna Pausch (Agrarökologie), Dr. Marianne Lauerer (Ökologie) und Studenten der Agrarökologie dargestellt. Für die noch offenen Fragen des Stofftransports zwischen Atmosphäre, Pflanze, Boden und Grundwasser schlugen sie Versuche in der Lysimeteranlage des Ökologisch-Botanischen-Garten vor.
Von links nach rechts: Reinhard Wesinger, GeoTeam; Dr. Marcel Huber, Staatsminister; Michaela Kaniber, Staatsministerin
Reinhard Wesinger vom GeoTeam, verantwortlich für die Organisation und die Beratung der Landwirte, erläuterte die Auswahlkriterien der Anbauflächen, Anbau- und Düngeempfehlungen sowie den positiven Effekt der Becherpflanze auf den Restnitratgehalt im Herbst. Der am Versuch teilnehmende Landwirt Ralf Opitz betone, dass er die Silphie wegen ihres Erosionsschutzpotentials und ihrer positiven Auswirkungen auf das Landschaftsbild und die Insekten besonders schätzt.
Erste Ernte der Becherpflanze
In dem Demonstrationsprojekt Becherpflanze Oberfranken wurden im letzten Jahr auf 65 ha die Becherpflanze gepflanzt bzw. unter Deckfrucht Mais oder als Reinsaat gesät. Dieses Jahr konnten die ersten Ernten der Becherpflanze eingefahren werden.
Viel Grün auf Silphiefeldern
Für den Anbau der Becherpflanze sprechen viele Gründe. Ein Grund ist derzeit gut zu beobachten. Vier Wochen nach der Ernte sind die Silphiefelder dank der jüngsten Niederschläge wieder gut bewachsen. Dadurch werden die Nährstoffe in den Pflanzen gebunden und so vor Auswaschung geschützt. Auf einem Maisacker könnte dies nur mit einer Untersaat oder Zwischenfrüchten erreicht werden. Beides ist in Oberfranken nicht immer zu realisieren. Für eine erfolgreiche Untersaat fehlt es oftmals an Feuchtigkeit und Zwischenfrüchte sind nur bei einer frühen Ernte und ausreichend Feuchtigkeit möglich.